Projektmanagement im arabischen Raum


Vorwort

„Es ist halt nicht leicht für eine österreichische Firma im arabischen Raum Fuß zu fassen“ (P4).

Dies ist die Aussage meines Interviewpartners - ein österreichischer Projektmanager, der ein Projekt in Saudi Arabien geleitet hat - sie kann stimmen, darf aber meiner Meinung nach nicht verallgemeinert werden, denn um "Fuß zu fassen" braucht man unter anderem kulturelle Sensibilität und darum geht es hauptsächlich in diesem Buch. Für mich als jemanden der zwischen 2 Kulturen lebt, ein Araber der seit über 20 Jahren in Österreich ist, ist das keine große Barriere, andere müssen sich damit ernsthaft beschäftigen.

Von den Europäern habe ich manchmal die Frage gestellt bekommen – auch wenn es sarkastisch gemeint war – „Wohnen die Araber nicht immer noch in Zelten und reiten mit Kamelen herum?“.

Wie kommt man mit diesen Einstellungen, auch wenn sie nur im Unterbewusstsein sind, im arabischen Raum klar?

Die andere Sichtweise schaut wie folgt aus:

Sehr gute Bekannte von mir, mit guten Verbindungen zu den Herrschern im arabischen Raum, besonders in den Golfstaaten, haben mir bestätigt, dass einige Scheichs Millionen schwere Geschäfte einfach platzen lassen, sollten sie nur das Gefühl haben, von dem Geschäftspartner beleidigt zu werden. Die Problematik besteht darin, dass die Sichtweise von Respekt und Beleidigung im arabischen Raum ein ganz anderer ist als hier in Westen Europas, wo das Geschäft eher pragmatischer abgewickelt wird. So etwas wird von den Europäern als bizarr und unlogisch bezeichnet, "aber es ist halt so"! Dieses Büchlein ist kein Business Knigge für der arabischen Raum (auch wenn es Tipps mit den 10 Geboten enthält), sondern eine Forschungsstudie, die auf der Grundlage der theoretischen Modelle von Geert Hofstede, Alfons Trompenaars und anderen Kulturwissenschaftlern basiert. In dieser Studie wird die Bedeutung der interkulturellen Kompetenz im internationalen Projektmanagement aus theoretischer Sicht behandelt. Mit Experteninterviews als Mittel der qualitativen Forschung wurden die Herausforderungen, mit denen mitteleuropäische Projektmanager im arabischen Raum konfrontiert werden, aufgezeigt. Es wurde hinterfragt, welchen Einfluss diese kulturellen Unterschiede auf die Arbeit von Projektmanagern haben bzw. welche Erfahrungen diese in der jeweiligen Region gemacht haben und welche Erfolgsfaktoren sie für internationales Projektmanagement im arabischen Raum definieren können. Untersucht wurden auch die Aspekte der kulturellen Unterschiede in Bereichen wie Pünktlichkeit, Effizienz, Hierarchie, Führungsstile und die Sprache. Die befragten Projektmanager bestätigen, dass es in diesem Bereich Unterschiede gibt. Diese können ihrer Ansicht nach herausfordernd sein und man begegnet ihnen am besten mit Respekt, Offenheit und Beziehungsorientierung.